Als Yogalehrer in Deutschland ist die Konkurrenz oftmals ziemlich groß. Besonders in den Städten wächst das Angebot an Yogakursen rasch an. Viele überlegen sich daher, wie man sein Angebot spezialisieren kann – etwa durch Yin Yoga, Hormonyoga oder eben auch Kinderyoga. Schnell eine Wochenend-Ausbildung gebucht und los geht’s. Kinderleicht, oder?
So einfach ist es leider nicht. Denn warum hast du dir viel Mühe gegeben, eine qualitativ hochwertige und umfassende Yogalehrerausbildung zu belegen, wenn du auf der anderen Seite denkst, Kinderyoga würde in zwei Tagen schwuppdiwupp erlernbar sein? Und gerade auch, wenn du bislang noch keine Yogalehrerausbildung absolviert hast, solltest du dir verschiedene Kinderyoga-Ausbildungskonzepte so genau wie möglich anschauen.
Was ist beim Kinderyoga anders?
Wenn du mit dem Unterrichten von Kindern beginnst, steht oftmals das Stundenbild – also der Ablauf einer Kinderyogastunde – im Vordergrund. Wir reisen mit den Kids in den Dschungel und erleben Asanas wie Schlange, Tiger oder Affe. Wir planen eine Rahmengeschichte Zirkus und etablieren Asanas wie Löwe, Tänzer oder den Handstand. Oftmals liegt der Fokus als frischgebackener Kinderyogalehrer also auf dem reinen, spielerischen Vermitteln von Asanas – am besten in einer kindgerechten Rahmengeschichte. Viele Ausbildungen haben ihren Schwerpunkt daher neben der Struktur und dem Aufbau einer Stunde für Kinder auf der Weitergabe möglichst viele solcher Stundenbilder. So fühlen sich die Teilnehmer nach nur kurzer Ausbildung sicher, haben sie doch viel praktisches Material mitbekommen, um gleich loszulegen. Zusätzlich gibt es viele Bücher zum Thema Kinderyoga, die dazu einladen, sein Wissen autodidaktisch zu vergrößern.
Der Fokus auf der praktischen Durchführung von Kinderyogaeinheiten in Ausbildungen ist verständlich – aber in meinen Augen nur ein erstes Eintauchen in das Thema Kinderyoga. Denn klar mag es möglich sein, bunte Kinderyogastunden mit den bewährten Stundenbildern anderer zu geben. Doch ist es hier auch wie im Yoga mit Erwachsenen: Durch ein fest strukturiertes Stundenbild bist du nicht wirklich bei der Gruppe, die du gerade unterrichtest. Sondern du „klebst“ vielmehr am Konzept. Als Yogalehrer für Erwachsene kommen vielleicht Teilnehmer jenseits der 60 zu dir, mit Bandscheibenvorfällen und nach der Schwangerschaft. So wie du dein Angebot für sie adaptierst und Yogaübungen an den individuellen Menschen anpasst, muss das im Kinderyoga ähnlich geschehen. Hier bekommst du nämlich viel unmittelbarer das Feedback der Kinder zu spüren: Der eine langweilt sich und beginnt, im Raum herumzurennen. Die andere schnattert mit der besten Freundin und die zwei Brüder wollen eigentlich nur etwas spielen. Es hilft das bewährteste Stundenbild also nichts, wenn die Gruppe in diesem Moment etwas anderes benötigt. Und hier ist Flexibilität gefragt.
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Wichtige Fragen für angehende Kinderyogalehrer
„Was mache ich, wenn Kinder immer wieder stören?“, „Wie wecke ich meine eigene Kreativität?“, „Warum fühle ich mich von den Kindern überfordert?“, „Wie werbe ich für meine Angebote?“, „Wie gehe ich meinen eigenen Kinderyoga-Weg?“ All das sind Fragen, die ebenfalls in einer guten Kinderyogalehrerausbildung geklärt werden sollten. Denn viel wichtiger als das, WAS du mit den Kindern in der Stunde machst, ist das „WARUM“ und das „WIE“. Kinderyoga ist auch Yoga – das sollten wir nicht vergessen. Und daher geht es vielleicht auch eher um die Haltung, die in einer Ausbildung vermittelt wird.
Prüfe also vorher unbedingt, welche Erfahrung der/die Ausbilder/in selbst in der Vermittlung von Kinderyoga hat. Was scheint ihm/ihr wichtig zu sein? Was ist sein/ihr Schwerpunkt? Welche Altersgruppe hat der/die Ausbilder/in selbst bereits unterrichtet? Welchen Pädagogik-Methodenkoffer gibt es? Wird die Yogaphilosophie und Patanjali in der Kinderyogalehrerausbildung berücksichtigt? Geht der/die Ausbildung in die Tiefe oder bleibt sie lediglich an der Oberfläche, indem sie sich viel buntem Material bedient – anstatt dir zu vermitteln, wie DU GEMEINSAM MIT DEN KINDERN auch ohne Reimkarten und Utensilien kreative Abenteuer auf der Yogamatte erlebst. Abenteuer, in denen sich JEDER einbringen kann, in denen sich jeder wiederfindet, ganz im Hier und Jetzt und auf Augenhöhe. Und ganz ohne Dogma.
Online oder vor Ort?
Ob du dich für eine Online-Weiterbildung oder eine Kinderyoga-Ausbildung vor Ort entscheidest, ist Geschmackssache. Eine Online-Version hat den Vorteil, dass du nicht reisen musst und du dir das vermittelte Wissen (in Videos, mittels einer Facebook-Gruppe und in Live-Calls) in deinem Rhythmus aneignen kannst. In einer Offline-Ausbildung ist natürlich der Kontakt zum Lehrer und zur Gruppe viel intensiver. Hier kann echte Berührung entstehen. Gerade in einer fremden Stadt schweißt das die angereisten Teilnehmer zusammen.
Egal, ob online oder offline – der Lehrer sollte Licht ins Dunkel bringen, damit du deinen eigenen Kinderyoga-Weg mutig und individuell gehen kannst.
Zum Schluss
Last, but not least: In unserer heutigen Zeit muss alles schnell und kompakt geschehen. Sich ganz bewusst wieder in die Rolle des Schülers zu begeben und zu lernen, erfordert Zeit und Geduld mit sich selbst. Du wirst nicht innerhalb eines Wochenendes ein erfahrener Kinderyogalehrer. Aber du kannst mit einer profunden und qualitativ hochwertigen Ausbildung den Grundstein dafür legen, dass du mit der Zeit zu einem achtsamen Kinderyogalehrer wirst.
Photocredit: Ashley Batz via Unsplash.com