Ich mache ihn zu Beginn jeder meiner Yoga-Stunden mehrmals und in verschiedenen Ausführungen. Vielen Yogis von euch da draußen geht es wahrscheinlich ähnlich. Der Sonnengruß ist super energetisierend und wärmt den gesamten Körper super auf. Also optimal für den Beginn der Yoga-Praxis. Aber was genau bedeutet diese Abfolge von Übungen eigentlich? Welche Aussage steht dahinter?
Sūrya (Sanskrit) ist der Name des hinduistischen Gottes der Sonne, welcher hier geehrt werden soll. Ursprünglich wurde der Sonnengruß früh morgens mit Blick zur Sonne praktiziert. Damit sollte der Sonne als Kraft allen Ursprungs gedankt werden. Denn ohne Sonne gäbe es kein Leben – sehr einleuchtend. Außerdem spendet sie Licht und Wärme. In vielen Traditionen wird gesagt, dass der Sonnengruß jeden Morgen zwölf Mal wiederholt werden soll (der Sonnengott hat zwölf Namen), damit der Yogi mit Gesundheit, Vitalität und einem glücklichen Leben gesegnet wird.
Ganzkörperworkout in 12 Schritten
Während ich mich beim ersten Sonnengruß manchmal, gerade zu dieser kalten Jahreszeit, noch wie eingerostet fühle, bin ich spätestens bei der vierten Wiederholung richtig aufgewärmt. Der Sonnengruß schafft es, den kompletten Körper zu trainieren. Alle Hauptmuskelgruppen werden gedehnt und gestärkt. Es ist also mehr, als “nur” ein Warm-Up. Dazu bringt er den Kreislauf so wunderbar in Schwung und der Stoffwechsel wird angeregt. Also perfekt, um ihn in deine Morgenroutine mit einzubauen. Ein paar Runden am frühen morgen wecken Geist und Körper und von der Energie wirst du noch den ganzen Tag zehren können.
In Sadhgurus neusten Buch “Die Weisheit eines Yogi”, dass wir hier schon mal vorgestellt haben, beschreibt er, dass es beim Sonnengruß in erster Linie auch darum geht, die Energien im Körper zu organisieren. Schließlich ist die Sonne die Lebensquelle für alles auf unserem Planeten. In allem, was wir zu uns nehmen, befindet sich die Energie der Sonne. Der Sonnengruß soll dabei helfen, diese Energien zu verdauen und sie in den eigenen Organismus zu integrieren.
Und so geht’s:
Hier kommt nun die Abfolge der Übungen. Mach die einzelnen Haltungen am Anfang ruhig etwas langsamer und bleibe in jeder Position für einige Atemzüge. Wenn du dann mit den einzelnen Asanas vertraut bist und die Reihenfolge kennst, kannst du sie im Fluss mit der Atmung durchführen.
1. Tadasana, die Berghaltung:
Stehe mit geschlossenen Füßen am Anfang deiner Matte (wenn es dir zu Beginn schwer fällt, die Füße zusammen zu lassen, dann nimm sie ruhig ein wenig bis hüftbreit auseinander). Atme ein und bringe deine Hände mit der Ausatmung in Namaste vor dein Herz.
2. Urdhva Hastasana, Berghaltung mit gehobenen Armen:
Mit der nächsten Einatmung gehen die Arme nach oben über den Kopf, Handflächen zeigen zueinander. Wenn du magst, kannst du hier auch in eine leichte Rückbeuge kommen. Blick geht nach oben.
3. Uttanasana, die Vorbeuge:
Komme mit der Ausatmung in die Vorwärtsbeuge. Falls deine Hamstrings (rückseitige Oberschenkelmuskeln) nicht so flexibel sind, beuge die Beine ein wenig, so dass du die Hände auf die Matte bringen kannst.
4. Deep Lunge, die Sprinterstellung:
Bring mit der Einatmung den rechten Fuß zurück, das rechte Knie kannst du dabei absetzen. Dein linkes Knie sollte nun in einer Linie mit dem Knöchel sein, dein Blick ist nach vorne gerichtet.
5. Plank Pose, die Bretthaltung:
Atme aus und bring jetzt auch den linken Fuß nach hinten, so dass du in die Planke kommst. Versuche, deine Körpermitte stabil zu halten. In dem du deine Fersen nach hinten drückst, gibst du deiner Oberschenkel- und Bauchmuskulatur (der Core) die nötige Spannung, um dich in dieser Pose zu halten. Wenn das am Anfang noch zu intensiv für dich ist, bringe deine Knie einfach auf die Matte. Atme in der Bretthaltung noch einmal tief ein.
6. Chaturanga Dandasana, der Liegestütz:
Mit der Ausatmung lässt du dich langsam in den Liegestütz sinken. Die Arme sollten dabei eng am Körper sein. Versuch nach vorne zu schauen und denk an deine Fersen, die auch hier weiterhin aktiv sein sollten, um die Körperspannung zu halten. Ja, diese Pose ist definitiv für Fortgeschrittene Yogis. Tipp für Beginner: Am Anfang kannst du einfach die Knie zur Matte bringen und den Körper langsam absenken.
7. Urdhva Mukha Svanasana, der heraufschauender Hund / Bhujangasana, die Kobra:
Der Übergang von Chaturanga zum heraufschauenden Hund erfordert viel Übung und vor allem Kraft. Beim Einatmen senkst du dich noch etwas weiter ab, bewegst den Körper gleichzeitig mit Hilfe der Zehen etwas nach vorne, legst diese dann ab, so dass der Fussspann auf der Matte liegt und beginnst die Arme zu strecken. Wenn dir das Rollen der Zehen unangenehm ist, dann lass sie einfach aufgestellt, kein Problem. Sobald du dich hochgedrückt hast, streck den Brustkorb nach vorne und oben und schau hoch.
Tipp für Beginner: Diese Pose und besonders der Übergang ist sehr anspruchsvoll. Lass dich nicht frusten, wenn es zu Beginn nicht klappt. Mit der Zeit wirst du die nötige Kraft aufbauen. Alternativ lässt du dich von der Planke einfach mit der Ausatmung langsam auf die Matte absenken und kommst dann mit der nächsten Einatmung in die Kobra.
8. Adho Mukha Svanasana, der herabschauende Hund:
Atme aus und komme zurück in den herabschauenden Hund. Press deine Hände feste in die Matte, die Finger sollten gespreizt sein. Versuche, den Rücken richtig schön lang zu strecken und dein Steißbein nach hinten und oben zu bringen. Die Fersen müssen die Matte nicht berühren, aber die Bewegung sollte in diese Richtung gehen.
Tipp für Beginner: Du kannst die Knie am Anfang leicht beugen wenn es dir dabei hilft, deinen Rücken gerade zu lassen. Es ist gut, sich in dieser Haltung am Anfang korrigieren zu lassen. Oft ist es schwer zu spüren, ob der Rücken wirklich gerade ist.
9. Deep Lunge, die Sprinterstellung:
Mit der Einatmung kommt der rechte Fuß kommt wieder zurück zwischen die Hände. Das Knie kannst du auf der Matte absetzen, der Blick ist nach vorne gerichtet.
10. Uttanasana, die Vorbeuge:
Atme aus, bringe nun auch den linken Fuß nach vorne und komme so wieder in die Vorbeuge.
11. Urdhva Hastasana, Berghaltung mit gehobenen Armen:
Mit der Einatmung langsam aufrichten (dafür kannst du die Knie leicht beugen) und die Arme wieder nach oben bringen.
12. Tadasana, die Berghaltung:
Ausatmen und die Arme langsam wieder nach unten führen. Und damit hast du die erste Runde geschafft ;-) Weiter geht’s mit der linken Seite.
Also, viel Spaß beim nächsten Sonnengruß – vielleicht gleich morgen früh. Möglicherweise scheint die Sonne dann ja auch mal wieder…
Photo by Julia Caesar on Unsplash